Geheime Ermittlungsmaßnahmen / Verdeckte Ermittlungen im Strafprozess
Manche erschrecken sich angesichts des Umfangs an Heimlichkeit, Sammelwut und fortschreitender "Vergeheimdienstlichung" staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen; manchen reicht auch das noch nicht. Daher zur Verdeutlichung ein Auszug aus der Gesetzeslage und mehr:
1. Ein erster Überblick über gesetzliche Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung, Observation pp:
- Telekommunikationsüberwachung (Telefonüberwachung, § 100a StPO),
- Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes bzw. akustische Wohnraumüberwachung (sog. „großer und kleiner Lauschangriff“ §§ 100c – 100e StPO),
- Erhebung von Verbindungsdaten, sog. „Verkehrsdatenabfrage“ (§ 100g StPO) und die damit zusammenhängende Verkehrsdatenspeicherung (Rufnummern und Kennungen, IP-Adressen, Verbindungsdaten)
- Auskünfte zu Telekommunikationsbestandsdaten, § 111 TKG
- Ermittlung von Mobilfunkgeräten und deren Zuordnung (IMSI-Catcher, § 100i StPO),
- Einsatz von technischen Mitteln außerhalb von Wohnungen zur Aufzeichnung von Gesprächen, zu Bildaufnahmen oder zur Observation (§ 100f, h StPO), also die Observation mit oder ohne technische Mittel, das Anfertigen heimlicher Bildaufnahmen pp
- die kurz- und langfristige Observation (§§ 161 I, 163, 163f StPO)
- Einsatz von GPS-Peilungen (§ 111f StPO)
- Einsatz verdeckter Ermittler (§§ 110a – 100e StPO) ,
- Rasterfahndung (§ 98a, b StPO),
- Schleppnetzfahndung (§ 163d StPO)
- Überwachung des Postverkehrs (§§ 99, 1000 StPO)
2. Was in der Strafprozessordnung u.a. bislang nicht geregelt ist (und trotzdem gemacht wird):
- Einsatz von nicht offen ermittelnden Polizeibeamten (sog. „NoeP“), insbesondere Scheinkäufer
- Einsatz von Informanten (Vertrauenspersonen oder V-Mann)
- Ermittlungen über oder durch Private (andere als Vertrauenspersonen)
- Tatprovokation durch Strafverfolgungsbehörden („Lockspitzel“-Einsatz)
- Vorfeldermittlungen
3. Telekommunikationsüberwachung – Wie und was alles so geht:
Nahezu jeder hat ein Mobiltelefon, einen Internetzugang, ein E-Mail-Postfach; jeder benutzt ihn bzw. es. Der Zugriff auf die Kommunikation und die damit verbundenen Daten erfolgt einfach, schnell und unbemerkt.
Jedes Mobiltelefon hat eine codierte Gerätenummer, die sog. IMEI. Offen ist dabei, ob die Gerätenummer veränderbar ist. Jede SIM-Karte hat eine Identifizierungsnummer, die IMSI.
Zur Sachverhaltserforschung oder Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Beschuldigten dürfen die Gerätenummer eines Mobiltelefons und die Nummer der darin verwendeten Karte sowie der Standort des Telefons durch technische Maßnahmen ermittelt werden. Für die Information, welchem Nutzer eine Rufnummer oder IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet wird, reicht ein Auskunftsersuchen.
Wenn eine Zielperson zwar, aus welchen Gründen auch immer, SIM-Karten nebst Rufnummern wechselt, nicht aber das Mobiltelefon, kann dieses durch die IMEI identifiziert werden, da im Rahmen der Telekommunikation jeweils auch die IMEI beim jeweiligen Anbieter mit abgespeichert wird. Damit kann die Aufklärung einer fehlenden bzw. erschwerten Zuordnung eines Mobiltelefonnutzers erleichtert werden, wenn dieser bspw. Prepaid-Handys von Dritten erwirbt bzw. diese häufig wechselt.
Durch die Schaltung einer sog. Zählervergleichseinrichtung können bei einem überwachten Telefonanschluss die jeweils angewählten Telefonnummern mit Zeitpunkt und Dauer der Telefonverbindung festgestellt werden.
IMSI-Catcher werden zur Ortung und Identifizierung der individuellen Kennung von eingeschalteten, aber nicht zum Telefonieren genutzten Mobiltelefonen eingesetzt. Dabei werden die Daten aller Mobilfunkteilnehmer im näheren Umkreis ohne deren Wissen mit erfasst und gespeichert sowie der gesamte Mobilfunkverkehr im Wirkungskreis des IMSI-Catchers lahmgelegt. Der schuhkartongroße IMSI-Catcher meldet sich wie ein Mobiltelefon im gewünschten Mobilfunknetz an und simuliert sodann eine funktionsfähige Funkzelle des GSM-Netzes. In diese wird sich das abzuhörende Mobiltelefon, wenn es in der Nähe ist, einloggen und ganz normal funktionieren. Nun kann der Belauschte aktiv Gespräche führen und auch angerufen werden. Dass jedes gesprochene Wort mitgehört (und aufgezeichnet) wird, merkt er nicht. Außerdem kann der Standort des Mobiltelefons festgestellt werden.
Mit Hilfe einer sog. Stillen SMS können Ermittlungsbehörden den konkreten Standort eines Mobilfunknutzers durch die Funkzelle, in der er sich aufhält, ermitteln. Durch einen sog. „stealth ping“ wird beliebig oft eine spezielle SMS an eine bekannte Mobilfunknummer versendet. Diese SMS wird weder im Display noch im Posteingangsfach des angewählten Mobiltelefons angezeigt. Da aber das Empfängertelefon den Empfang der SMS bestätigt und einen Verbindungsdatensatz erzeugt, kann man im Anschluss zumindest Informationen über den Ort der Funkzelle erhalten.
Weitere Zugriffmöglichkeiten, ohne diese technisch zu vereinzeln, bestehen auch bei
- Handys im Stand-by-Betrieb
- Zugriffen auf Mailbox-Systeme
- Roaming bei Mobilfunknetzen
- Raumgesprächsaufnahmen
- der Kontrolle des E-Mail-Verkehrs
- Trojaner-Angriffe pp sowie
- VoIP / Skype
SKYPE in Luxemburg speichert u.a. die folgenden Informationen (und stellt diese auf Anforderung der Staatsanwaltschaft den Ermittlungsbehörden zur Verfügung):
- Registrierung von Account-Inhabern sowie die ihnen in Bezug stehenden Accounts,
- E-Mail-Adresse,
- finanzielle Transaktionen mit der Fa. Skype,
- sämtliche Zielrufnummern zum öffentlichen Telefonnetz,
- sämtliche Service- und Account-Informationen, einschließlich aller Rechnungsadressen und IP-Adressen.